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Vortrag über evangelisches Bauprojekt: Archäologische Funde auf dem Gebiet des Campus Kartause 

Der wahrscheinlich spektakulärste Fund war eine 70 Kilogramm schwere Bombe mit 34 Zentimeter Durchmesser aus der Franzosenzeit. Die wurde von der Revolutionsarmee bei Belagerungen eingesetzt, um Mauern zu brechen. Sie konnte von einem Mörser abgeschossen 1300 Meter weit fliegen. Wahrscheinlich hat man die mitgebracht, um die Kölner Stadtmauer zu überwinden. Zum Einsatz kommen musste sie nicht. Die Kölner öffneten den Franzosen freiwillig die Stadttore.

Archäologische Funde aus zwei Jahrtausenden präsentierte Gregor Wagner, Abteilungsleiter Bodendenkmalpflege im Römisch-Germanischen Museum in Köln, bei einem Vortrag im Haus der Evangelischen Kirche. Wagner und seine Mitarbeitenden haben auf der Baustelle gegraben, bevor die Bauarbeiten für den Campus Kartause in der Kölner Südstadt begannen. Am Kartäuserwall sollen ab Ende 2026 die Melanchthon-Akademie, die Evangelische Familienbildungsstätte, das Evangelische Jugendreferat, das Schulreferat, das Pfarramt für Berufskollegs und ein Teil der Verwaltung der linksrheinischen Kirchenkreise ein neues Zuhause finden. Darüber hinaus sind Wohnungen und ein Studierendenwohnheim geplant. Die zentralen Bildungseinrichtungen des Evangelischen Kirchenverbands werden am Kartäuserwall gebündelt. 50 Prozent der Wohnfläche des Campusgeländes ist öffentlich gefördert. Der Grundstein wurde im November gelegt.

„Es handelt sich um die bisher größte Klostergrabung in Köln“

Nun werten die Archäologen und Archäologinnen die Funde aus. Bebaut wird das Gelände des ehemaligen Kartäuserklosters. „Es handelt sich um die bisher größte Klostergrabung in Köln“, erklärte Wagner. Man ist auch auf römische Gräber gestoßen und hat kleine Grabbeigaben wie etwa Lampen entdeckt. Es hat also schon lange vor der Gründung des Klosters in römischer Zeit dort Besiedelung gegeben. Freigelegt wurde ein Ausschnitt der Bebauung des an dieser Stelle 1334 gegründeten Kartäuserklosters St. Barbara. Aber man ist auch auf veränderte Baustrukturen der nach Räumung des Klosters folgenden militärischen Nutzungen des Geländes in französischer und preußischer Zeit gestoßen.

Wagner erinnerte an den Großen Kreuzgang des Klosters, an den sich die quadratischen zweigeschossigen Häuser der Kartäusermönche anschlossen. Die Mönche verfügten über eine Studierstube, eine Schlafstatt und einen Raum, um ein Handwerk auszuüben. Hinter den Häusern lagen Gärten zur Selbstversorgung. Aufbewahrt wurde die Ernte in einem Vorratsraum im Keller unter den Häusern. Nachgewiesen wurden auch Obst- und Weinanbau in der Südstadt. „Auch bei den Kartäusern galt das ,Ora et labora‘ der Benediktiner“, sagte Wagner. Entdeckt wurde ein zentrales Leitungssystem, um die Latrinen zu entleeren. Schächte haben die Mönche gegraben, um Oberflächenwasser abzuleiten. Werkzeuge aus der Kartäuserzeit hat man auch gefunden.

„Die Häuser waren für die damalige Zeit gut ausgebaut für ein Leben in Armut“

„Gesichert ist, dass es in dem Kloster eine Schneiderei gab“, erklärte Wagner. Gefunden hat man Plomben, die man an Stoffe heftete, um deren Echtheit zu gewährleisten. Überraschend war der Fund eines Knochenstücks, aus dem man mit einem Hohlbohrer Rosenkranzkugeln gebohrt hat. Gesichert ist auch eine Bilderbäckerwerkstatt. Bilderbäcker wurden die Kunsthandwerker genannt, die im 16. Jahrhundert eine frühe Form von Souvenirs herstellten. Denn die Figürchen, die bei Pilgern beliebt waren als Erinnerung, Maskottchen oder Devotionalien, kamen aus dem Ofen. Sie waren Massenware. Backen bedeutete in jener Zeit fest machen im Ofen. Der Grabungsleiter zog ein Fazit: „Die Häuser waren für die damalige Zeit gut ausgebaut für ein Leben in Armut.“

„Wir haben angefangen, wo was zu erwarten war“, berichtete Wagner. Hilfreich war der sogenannte Mercatorplan. Der Mercatorplan ist ein von 1570 bis 1571 entstandener Stadtplan der Stadt, den Arnold Mercator gezeichnet hat. Der Plan zeigt eine Grundrissdarstellung mit hochgezeichneten Häuserfassaden. Es handelt sich um den ersten Plan von Köln, der nach geometrischen Grundsätzen entstanden ist. In seiner Genauigkeit war dieser in jener Zeit ungeschlagen, sind in ihm beispielsweise 195 Straßen, 169 Örtlichkeiten inklusive 18 Pfarrbezirken verzeichnet. Selbst Überreste der römischen Stadtmauer sind zu finden. Anhand er Grabungen konnte nachgewiesen werden, dass der Mercatorplan für die Klosteranlage korrekt war.

Als die Franzosen kamen, mussten die Mönche 1794 ihr Kloster Hals über Kopf verlassen. Die Räumlichkeiten wurden in der Folge von den Militärs genutzt. Überbleibsel sind Uniformknöpfe. Die Franzosen haben Gebäude abgerissen. Von den Preußen, die den Franzosen nachfolgten, weiß man, dass sie in einer Halle, die sie neu gebaut haben, Munition hergestellt haben. Am Ende des 19. Jahrhunderts hat es eine mächtige Explosion gegeben, weil bei der Herstellung Fehler gemacht wurden.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann

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